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EuGH stärkt Recht auf kostenlose Erst-Kopie der Patientenakte

Auf einem Tisch liegen ein Stethoskop und ein Notepad, umgeben von medizinischen Symboleneverythingpossible/stock.adobe.com

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat Ende Oktober die Datenschutzrechte von Patient*innen gestärkt. In seinem Urteil vom 26.10.2023 stellt er klar, dass jeder Person in ärztlicher Behandlung eine kostenfreie Kopie der Patientenakte zusteht. Dieser Anspruch umfasse den vollständigen Inhalt der Akte im Sinne einer originalgetreuen und verständlichen Reproduktion. Der Antrag sei voraussetzungsfrei und müsse nicht begründet werden. Unentgeltlich sei nur die erste Kopie, für weitere Ausfertigungen dürfen Gebühren erhoben werden.

Die Ausführungen enthalten wichtige Klarstellungen für die bislang oft anders gelebte Praxis. Betroffene können sich darauf berufen und von ihrer ärztlichen Einrichtung formlos, beispielsweise per E-Mail oder Brief, Auskunft beantragen. Es ist ratsam, in diesem Auskunftsverlangen zu schreiben, dass eine „Kopie nach Artikel 15 DSGVO“ beantragt wird. Arztpraxen oder Krankenhäuser sind dann verpflichtet, binnen spätestens eines Monats zu reagieren. 

Zum Hintergrund:

Dem Auskunftsrecht nach Artikel 15 der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) steht in Deutschland eine ältere nationale Regelung des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB), das Recht auf Einsicht in die Patientenakte, entgegen. Der Bundesgerichtshof hatte dem EuGH in einem Verfahren zur Vorabentscheidung Fragen hierzu vorgelegt. Der Patient einer Zahnarztpraxis hatte wegen des Verdachts einer fehlerhaften Behandlung eine unentgeltliche Kopie seiner Patientenakte beantragt. Diese wollte ihm die Praxis nur zur Verfügung stellen, wenn er die Kosten dafür trägt, wie es das BGB vorsieht. Aus den Antworten des EuGH ergibt sich nun Folgendes:

  • Arztpraxen und Kliniken sind verpflichtet, eine erste Kopie der personenbezogenen Daten kostenfrei zur Verfügung zu stellen, auch wenn der Antragstellende einen anderen als den Zweck verfolgt, von der Verarbeitung Kenntnis zu nehmen und deren Rechtsmäßigkeit zu überprüfen.
  • Eine nationale Regelung kann zwar grundsätzlich zu einer Beschränkung des Auskunftsrechts führen, auch wenn diese Regelung vor Inkrafttreten der DSGVO erlassen wurde. Durch eine solche Regelung dürfen der betroffenen Person keine Kosten für eine erste Kopie ihrer personenbezogenen Daten auferlegt werden.
  • Im Rahmen eines Arzt-Patienten-Verhältnisses hat die betroffenen Person Anspruch auf eine originalgetreue und verständliche Reproduktion der Daten aus der Patientenakte, die Informationen wie beispielsweise Diagnosen, Untersuchungsergebnisse, Befunde der behandelnden Ärzte und Angaben zu an der betroffenen Person vorgenommenen Behandlungen oder Eingriffen umfasst.


Das Urteil bestätigt die bisherige Beratungspraxis des HmbBfDI. Die Praxishinweise aus dem aktuellen Tätigkeitsbericht 2022 (Seiten 59-61) können damit uneingeschränkt weiterverwendet werden.
 

Die Entscheidung 2023 (Rechtssache C-307/22) des EuGH kann hier eingesehen werden.