Transparenz als Markenzeichen der hamburgischen Verwaltung

Der heute vom Hamburgischen Beauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit veröffentlichte Tätigkeitsbericht Informationsfreiheit 2018/2019 stellt nicht nur die Tätigkeiten des Beauftragten in den letzten beiden Jahren dar. Er beschreibt darüber hinaus den Sachstand der Entwicklung von Informationsfreiheit und Transparenz in Hamburg. Dabei gibt es sowohl Licht als auch Schatten. Besonderes Augenmerk gilt der Reform des Gesetzes, das einst ein Leuchtturm-Projekt für ganz Deutschland war und sich heute abschließend in der Bürgerschaft zur Überarbeitung befindet.

Das Transparenzgesetz ist mittlerweile in die Jahre gekommen. Dies ist in zweierlei Hinsicht beachtlich: Positiv ist die Entwicklung der Wahrnehmung des Gesetzes durch Bürgerinnen und Bürger. Das Hamburgische Transparenzgesetz hat sich seit seinem Erlass im Jahr 2012 zu einer Regelung entwickelt, die in erheblichem Maße von Berechtigten nachgefragt wird. Das wird deutlich durch die konstant hohe Zahl der Eingaben beim Informationsfreiheitsbeauftragten sowie einer ebenfalls konstant hohen Zahl von gerichtlichen Entscheidungen über die Zuteilung der Ressource Information. Bürgerinnen und Bürger nehmen die Ablehnung von Anträgen auf Veröffentlichung oder auf Auskunftserteilung nicht mehr einfach hin. Immer häufiger werden hiergegen Verwaltungsgerichte angerufen. Dies führt zu einer institutionalisierten Klärung bestehender Rechtsunsicherheiten bei der Auslegung von Normen und damit zu einer stärkeren Rechtssicherheit nicht nur für Bürgerinnen und Bürger, sondern auch für die Verwaltung selbst. Die Gerichtsentscheidungen können Breschen in das Ablehnungsdickicht schlagen. So wird nicht nur Klägerinnen und Klägern geholfen. Vielmehr kann dies auch bei anderen Anträgen hilfreich sein, in denen Gerichtsentscheidungen gar nicht mehr notwendig sind, weil die Rechtsansicht der hamburgischen Verwaltungsgerichtsbarkeit bereits geklärt ist.

Es ist dabei besonders erfreulich, dass nicht mehr nur Antragstellerinnen und Antragsteller klagen, sondern auch Behörden vor Gericht das Recht auf Informationszugang verteidigen, gegen den Widerstand von Unternehmen, die sich auf vermeintliche Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse berufen. Damit stellen sich die öffentlichen Stellen auf die Seite der Bürgerinnen und Bürger – eine Konstellation, die zeigt, dass sich gerade bei den Behörden zusehends eine transparenzfreundliche Sichtweise durchsetzt. Die Transparenz wird zur Verwaltungsnormalität und von Behörden genauso konsequent umgesetzt wie andere rechtliche Vorgaben.

Der Tätigkeitsbericht enthält eine Reihe ausgewählter gerichtlicher Entscheidungen, die zeigen, dass sich das Informationsfreiheitsrecht in Hamburg zu einer eigenständigen Rechtsmaterie entwickelt hat, die eine fortlaufende Rechtsfortbildung erfährt.

Negativ ist dagegen, dass sich das Transparenzgesetz nach sieben Jahren in einigen Bereichen nicht mehr auf der Höhe der Zeit befindet. Insoweit besteht ein Novellierungsbedarf durch den Gesetzgeber. Bereits von Anfang an war die Ausnahme der mittelbaren Staatsverwaltung von der Veröffentlichungspflicht im Transparenzregister umstritten. Entscheidungen des VG und des OVG Hamburg, die eine Verpflichtung der mittelbaren Staatsverwaltung verneint haben, lösten im rechtspolitischen Bereich einen Handlungsdruck aus: die Veröffentlichungspflicht muss durch eine Gesetzesänderung erweitert werden. In anderen Bundesländern wurden die Kompetenzen der Informationsfreiheitsbeauftragten bereits auf weitere Informationszugangsregelungen wie das Umweltinformations- und das Verbraucherinformationsgesetz erweitert (zum Beispiel in Schleswig-Holstein). Auch in Hamburg ist die Zeit reif für eine sinnvolle Harmonisierung dieser Regelungen. Damit würde man lediglich zu anderen Bundesländern aufschließen. Um die ehemalige Spitzenposition erneut zu erringen, müsste Hamburg jedoch wieder vorangehen. Eine Regelung, die es künftig dem Informationsfreiheitsbeauftragten ermöglicht, eigenständig rechtsverbindliche Entscheidungen auf dem Gebiet der Informationsfreiheit zu erlassen, anstatt lediglich eine beratende Funktion einzunehmen, wäre wieder einmal ein großer Wurf, der für alle anderen gesetzlichen Regelungen in Deutschland Vorbildfunktion haben könnte.

Heute beschließt die Bürgerschaft eine Novellierung des Transparenzgesetzes. Zwei erste Entwürfe haben aus Sicht des Hamburgischen Beauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit Anlass für Hoffnung, aber auch zur Besorgnis gegeben. Insbesondere wurde eine Regelung kritisiert, nach der Angaben über die Person des Fragestellers an Unternehmen herausgegeben werden sollen, die sich auf Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse berufen. Hier ist absolute Vorsicht geboten. Es darf nicht sein, dass der Anfragende mit seinen Daten für die Auskunft bezahlen muss. Gerade der investigative Journalismus wird dadurch gefährdet, denn es kommt vor, dass Menschen, die Missstände aufklären wollen, verfolgt und bedroht werden. Weiterhin bestehende Verbesserungsvorschläge, wie die Stärkung der Transparenz im Bereich der Wissenschaft, die Schaffung von mehr Transparenz für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk in Norddeutschland oder die Streichung der Bereichsausnahme für den Verfassungsschutz, wurden seit Jahren erhoben und werden auch anlässlich des aktuellen Tätigkeitsberichts erneut herausgestellt.

Zur Vorlage des Tätigkeitsberichts Informationsfreiheit 2018/2019 der Hamburgische Beauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit, Johannes Caspar: „Der heute veröffentlichte Bericht zeigt: Der Einsatz für mehr Transparenz in der Verwaltung ist ein erfolgreicher, aber auch sehr steiniger Weg, der mitunter die Beteiligten durch die gerichtlichen Instanzen führt. Die zentrale Ressource der digitalen Welt ist die Information. Sie ist Funktionsbedingung für demokratisch-rechtsstaatliche Prozesse. Öffentliche Stellen müssen diese grundsätzlich zugänglich machen. Hier gibt es noch viel zu tun. Ich bin gespannt auf den endgültigen Inhalt der Gesetzesnovelle und hoffe, dass die Freie und Hansestadt Hamburg an die bisherige herausragende Tradition der Transparenz anknüpfen wird.“


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