HmbBfDI unzuständig für das „Neutralitätsportal“ der AfD-Fraktion Hamburg

Betroffene müssen ihre Datenschutzrechte selbst wahrnehmen

Die Bürgerschaftsfraktion der AfD Hamburg hat vor einiger Zeit auf ihrer Internet-Seite einen Info-Bereich sowie ein Kontaktformular zum Thema „Neutrale Schulen“ eingerichtet. Hier wird zum einen informiert über die Grundsätze des Neutralitätsgebots an den Hamburger Schulen und zum anderen die Möglichkeit geboten, über ein Kontaktformular oder per Mail mutmaßliche Verstöße gegen das Neutralitätsgebot an die AfD-Fraktion Hamburg zu melden. Bei einem begründeten Anfangsverdacht bietet die AfD-Fraktion an, den Vorgang an die Schulbehörde zur Überprüfung weiterzuleiten. Zur Überprüfung des Anfangsverdachts wird die Telefonnummer oder die E-Mailadresse des Meldenden abgefragt.

Aktuell erreichen den Hamburgischen Beauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit (HmbBfDI) zahlreiche Eingaben und Unmutsäußerungen zu diesem Portal. Sie enthalten Aufforderungen an den HmbBfDI, die datenschutzrechtliche Rechtmäßigkeit des Portals bzw. des Meldeformulars zu überprüfen, einige verlangten vom HmbBfDI, etwaige Verstöße abzustellen. Dabei wurde hingewiesen u.a. darauf,

  • dass es unzulässig sei, personenbezogene Daten von Dritten / Lehrern zu speichern und ggf. weiterzugeben,
  • dass Verstöße gegen die DSGVO vorlägen,
  • dass das Formular keinen Datenschutzhinweis enthalte,
  • dass das Formular nicht vollständig verschlüsselt sei,
  • dass Cookies unzulässig gespeichert würden,
  • dass Daten von Meldenden gespeichert würden und keine Information darüber erfolge.

Mangels einer eigenen Zuständigkeit kann der HmbBfDI die angeführten Beschwerden nicht weiter verfolgen. Denn er hat keine Kontrollbefugnis, soweit die Verarbeitung personenbezogener Daten im Rahmen der parlamentarischen Aufgaben durch Fraktionen der Bürgerschaft erfolgt. Es gilt hier vielmehr eine Datenschutzordnung, die sich die Bürgerschaft selbst gegeben hat. Zum parlamentarischen Bereich, der von den Verwaltungstätigkeiten einer Fraktion abzugrenzen ist, gehören insbesondere öffentliche Projekte der Fraktionen im politischen Raum. Die datenschutzrechtliche Sonderregelung erstreckt sich vorliegend daher auch auf die von der AfD-Fraktion betriebenen Aktivitäten.

Zwar hat die Bürgerschaft ein Datenschutzgremium zur internen Datenschutzkontrolle eingerichtet, die Fraktionen unterliegen diesem allerdings nicht. Soweit Fraktionen betroffen sind, überwachen diese gemäß der Datenschutzordnung der Bürgerschaft die von Ihnen selbst durchgeführte Datenverarbeitung in eigener Verantwortung.

Dies bedeutet nicht, dass die Fraktionen hier frei nach ihrem Belieben vorgehen können. So bestehen ein datenschutzrechtlicher Auskunftsanspruch gegenüber der Fraktion sowie ein Anspruch der Betroffenen auf Löschung der Daten nach Maßgabe der Bürgerschaftlichen Datenschutzordnung. Die Betroffenen sind jedoch darauf angewiesen, ohne Unterstützung durch eine datenschutzrechtliche Beschwerdeinstanz ihre Rechte selbst gegenüber der verantwortlichen Stelle gerichtlich durchzusetzen. Wollen Betroffene weitere Datenschutzrechte, insbesondere Informations- oder Widerspruchsrechte, geltend machen, wie sie die DSGVO vorsieht, könnten sich diese direkt aus ihrem Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung ergeben.

Hierzu Johannes Caspar, der Hamburgische Beauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit: „Der vorliegende Fall zeigt, dass die datenschutzrechtliche Sonderstellung den Schutz von Betroffenenrechten durchaus erschwert. Die Regelungen sollen an sich wichtigen EU- sowie verfassungsrechtlichen Erwägungen Rechnung tragen. Zweck ist es, die Unabhängigkeit der Parlamente und insbesondere der Fraktionen in datenschutzrechtlicher Hinsicht zu gewährleisten und die parlamentarische Tätigkeit von einer externen aufsichtsbehördlichen Kontrolle freizustellen, gleichzeitig aber auch dem Datenschutz Rechnung zu tragen. Dies kann gerade im politischen Wettbewerb nur funktionieren, wenn eine maßvolle und eigenverantwortliche Wahrnehmung der mit diesen Ausnahmebestimmungen verbundenen Befugnisse erfolgt, die die datenschutzrechtlichen Rechte und Freiheiten von Bürgerinnen und Bürgern achtet.”


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